Mit einem öffentlichen Leserbrief wendet sich die ÄGGP an den Tagesspiegel als Reaktion auf zwei Artikel zu IGEL Leistungen, die kurz hinter einander erschienen.

Berlin, den 22.07.2016

Sehr geehrte Damen und Herren,
Die von Ihnen erschienenen Artikel „Arztbesuch mit Geld-zurück-Garantie?“ aus dem Tagesspiegel vom 07.06.2016 und „Ärzte verkaufen jedem Zweiten Selbstzahlerleistungen“ auf dem Online Portal vom 13.07.2016 können aus unserer Sicht nicht unwidersprochen bleiben. Erstens vermissen wir eine sorgfältige journalistische Recherche dahingehend, dass sich der Artikelschreiber lediglich auf die tendenziösen Beschreibungen des IGeL Monitor bezieht und nicht auf das im Internet zu findende freemed Informationsportal (www.free-med.net). Zweitens scheint nicht mit Patienten und Ärzten unmittelbar über diese Problematik gesprochen worden zu sein, denn IGeL Leistungen werden durchaus von Patienten gewünscht und gefordert.
Wir, die Ärztliche Gesellschaft für Gesundheit und Prävention (ÄGGP), sind eine Vereinigung, die sich dafür stark macht den zweiten Gesundheitsmarkt transparenter zu gestalten. Die Kritik, die in dem oben genannten Artikel aufkommt, bezieht sich vor allem auf die schlechte Aufklärung und Information der Patienten, wenn diese eine IGeL Leistung angeboten bekommen und in Anspruch nehmen. Es fehlten Behandlungsverträge und Patienten wüssten oftmals gar nicht welchen Mehrwert sie von dieser Leistung hätten. Die ÄGGP stimmt dabei vollkommen zu, dass es hier Verbesserungsbedarf gibt. Patienten müssen wesentlich besser über diese Selbstzahlerleistungen informiert werden, zudem sollte es einheitliche Behandlungsverträge geben. Jedoch kritisiert die ÄGGP nicht nur, sondern hat eine Lösung für dieses Problem geschaffen. Mit free-med dem Informationsportal für Selbstzahlerleistungen, die hier aus guten Gründen den Namen „Freie Gesundheitsleistungen“ (FGL) tragen, schafft die ÄGGP Abhilfe für all diese, durchaus nachvollziehbaren, Probleme, die zurzeit auf dem Markt der Selbstzahlerleistungen herrschen.  Free-med listet, im Gegensatz zum IGel-Monitor, alle rund 450 auf dem Markt vorhandenen Freien Gesundheitsleistungen. Hier erhält der Patient eine patientennahe und nach festgelegten Kriterien verfasste, umfassende Beschreibung der FGL. Neben der eigentlichen Beschreibung findet man bei free-med für wen diese Leistung eventuell in Frage kommt, welche Alternativen es in der gesetzlichen Krankenkasse gibt, was für einen Kostenrahmen diese Leistung beinhaltet und vor allem, welche Risiken den Patienten erwarten können. Des Weiteren enthält jede Leistung einen kritischen Kommentar, der durch die ÄGGP oder direkt durch Experten der einzelnen Fachbereiche dazu verfasst wurde. free-med macht es sich zur Aufgabe, den Patienten durch umfassende Information möglichst wertfrei zu informieren und somit selbst entscheiden zu lassen, ob er/sie diese Leistung tatsächlich in Anspruch nehmen möchte, ganz nach dem stetig an Popularität gewinndenen „Shared-decision-making-model“ in einer Arzt-Patient Beziehung. Dies bedeutet, dass ein Arzt für eine FGL eine Empfehlung ausspricht, der Patient sich aber durch free-med so darüber informieren kann, dass am Ende die Entscheidung über die Durchführung der Leistung mit dem informierten Patienten gemeinsam erfolgen kann. Im Gegensatz zu IGeL-Monitor stehen bei free-med keine p-Werte der statistischen Wahrscheinlichkeit zum Nutzen und nicht Nutzen, sondern der Patient mit seinen Erfahrungen im Vordergrund. Viele IGeL Leistungen sind durchaus notwendig bzw. vom Patienten als hilfreich empfunden, wenn auch nicht durch harte wissenschaftliche Daten belegt. Das beste Beispiel sind die naturheilkundlichen Verfahren. Studien werden auf diesem Gebiet noch immer nicht ausreichend finanziert, sodass diese Leistungen nicht einmal ausreichend Chancen auf hinreichende Datengrundlagen erhalten. Und dennoch gibt es viele Patienten, aus deren Leben diese Verfahren nicht mehr wegzudenken sind. Free-med möchte neben der Information viel mehr die Erfahrungen der Personen mit einbeziehen, die auch tatsächlich diese Leistung in Anspruch genommen haben. Dafür hat free-med ein einfaches Bewertungssystem mit Sternen und einem Kommentarfeld integriert. Bei einer ausreichenden Anzahl an Bewertungen möchte die ÄGGP eigene statistische Auswertungen vornehmen und die Leistungen damit ggf. auch evaluieren bzw. kritisch mit den Fachverbänden diskutieren. Außerdem schafft free-med auch für die Hauptkritik in den o.g. Artikeln Abhilfe. Ärzte, die sich für eine Aufwandsentschädigung bei free-med registrieren, erhalten dafür vorgefertigte Behandlungsverträge zum Download. Die Aufklärung übernimmt free-med, indem der Arzt entweder direkt auf die Online Plattform verweist oder den Service der FGL Flyer für Patienten ohne Internetanbindung zurückgreift. Dass es FGL gibt, die möglicherweise keinen großen Nutzen für den Patienten bieten will auch die ÄGGP nicht abstreiten. Allerdings sollte letztendlich der Patient entscheiden dürfen, ob er/sie diese Leistung in Anspruch nehmen möchte. Dafür bedarf es allerdings objektiver Information. Erst dann darf eine Selbstzahlerleistung auch tatsächlich als „individuell“ oder wie es bei free-med heißt, „Freie Gesundheitsleistung“ bezeichnet werden.